Autor: Reinhard Wingral
Veröffentlicht am: 16.12.2020
1. Richtig informieren
Franchise ist ein intelligenter Weg sich selbstständig zu machen und die konsequenteste Form der Kooperation. Es gibt eine Vielzahl überzeugender Konzepte im Handel, im Handwerk, der Systemgastronomie und ein großes Spektrum von Dienstleistungen für fast jede Kundenzielgruppe. Informationen sind der Rohstoff für Entscheidungen – und der sollte im Zusammenhang mit einer Franchise-Gründung von bester Qualität sein. Bevor ich mit der eigentlichen Informationsbeschaffung beginne, muss ich mich mit einigen Fragen ernsthaft und selbstkritisch beschäftigen:
- Welche Branche kommt für mich grundsätzlich in Frage und wo liegen meine persönlichen Stärken und Schwächen?
- Wäre mir ein etabliertes System lieber als ein Newcomer?
- Wie flexibel bin ich und meine Familie beim Standort?
Viele Franchise-Nehmer sind Quereinsteiger, das heißt sie haben vor ihrer Selbstständigkeit in einem anderen Beruf gearbeitet. Professionelle Einarbeitung und Schulung und vor allen Dingen das erprobte und dokumentierte Knowhow eines Franchise-Systems geben mir aber auch als Quereinsteiger die Chance, erfolgreicher Unternehmer zu werden. Der Einstieg in ein Franchise-System bleibt mir nur verwehrt, wenn ein Meisterbrief zwingend notwendig ist oder andere gesetzliche Hindernisse meine Entscheidung beeinträchtigen. Nun kann die Suche nach dem passenden System beginnen.
2. Systeme finden
Rund 1.000 Franchisesysteme sind in Deutschland aktiv. Manche haben einen hohen Bekanntheitsgrad, andere arbeiten eher in einer Marktnische – aber alle sind öffentlich. Vielleicht bin ich sogar Kunde bei dem einen oder anderen Anbieter und wenn nicht, dann habe ich zumindest den Namen schon gehört oder kenne ein Geschäft in meiner Region. Was hindert mich daran, den Betreiber bei passender Gelegenheit, höflich und dezent, nach seinen Erfahrungen mit dem Franchise-Geber zu fragen?
Für weitere Informationen gibt es zahlreiche Quellen, die ich nutzen kann. In der Virtuellen Messe beim Franchiseportal finde ich wichtige Details zu mehreren hundert Franchise-Systemen und über die Homepage des jeweiligen Franchise-Gebers können meistens ebenfalls Systempräsentationen angesehen werden. Häufig gibt es in den sozialen Medien Erfahrungsberichte oder Interviews von aktiven Franchise-Nehmern und auf Gründermessen kann ich von Fall zu Fall ein erstes Gespräch mit den Verantwortlichen aus dem Systemmanagement führen.
Möglichkeiten gibt es also genug, ein System zu finden – ich muss nur selbst aktiv werden und die Kriterien, die für mich persönlich wichtig sind, bei der Suche beachten. In unserer medialen Welt bleibt kaum etwas geheim, aber der Wahrheitsgehalt steigt dadurch nicht automatisch. Daher ist die Prüfung der ins Auge gefassten Systeme die nächste Aufgabe.
3. Systeme prüfen
Wenn die Phase der Systemsuche beendet ist, werden erfahrungsgemäß drei bis fünf Franchise-Systeme in der engeren Auswahl sein, die auch von den Investitionen und den Verdienstmöglichkeiten zu meiner familiären Lebenssituation passen. Nun sollte ich mir von einem neutralen, aber erfahrenen Berater helfen lassen, der die Franchisewirtschaft wirklich in allen Details kennt, meine Fragen objektiv beantworten kann und mich durch die nächsten Schritte der Systemprüfung und die Finanzierungsbeschaffung begleitet.
Spätestens jetzt ist auch der Zeitpunkt gekommen, wo ich einen Termin in der Systemzentrale vereinbaren sollte. Auf der Agenda stehen viele individuelle Punkte, die geklärt werden müssen:
- Welches Vertragsgebiet wird mir angeboten und wie sieht es mit weiteren Optionen aus?
- Wie würde meine persönliche Systemintegration ablaufen und wie passt die in meine Zeitplanung?
- Welche wirtschaftliche Perspektive habe ich tatsächlich?
Bei einem Besuch in der Systemzentrale bekomme ich aber auch ein besseres Bild davon, ob die geforderten Franchisegebühren im Verhältnis zu den Leistungen der Systemzentrale stehen und wie die Zusammenarbeit tatsächlich organisiert ist. Der Franchise-Geber hat sogenannte „vorvertragliche Aufklärungspflichten“, das heißt er muss aktiv alle Informationen geben, die für meine Entscheidung zum Systemeintritt von Bedeutung sind. Allerdings muss ich als Interessent ebenfalls mit offenen Karten spielen, was meine persönlichen, beruflichen und finanziellen Verhältnisse betrifft.
Last not least: Hinter jedem Franchise-System stehen Menschen, die über viele Jahre meine Begleiter, mein „Co-Management“ sein werden. Dafür ist ein persönliches Kennenlernen wichtig, bevor ich einen Vertragsabschluss in Erwägung ziehe.
4. Vertragsabschluss
Franchise-Systeme basieren auf einer sehr speziellen Arbeitsteilung zwischen dem Franchise-Geber und den eingebundenen Partnern. Deshalb sind Franchiseverträge ein komplexes Werk, dazu ergänzt mit teilweise umfangreichen Anlagen – etwas erschreckend auf den ersten Blick. Wenn ich mich mit dem Franchisevertrag im Detail befasse, erkenne ich aber schnell die dahinter stehende Logik und Weitsicht.
Der Vertrag wird zwar zwischen mir und dem Franchise-Geber geschlossen, er beschreibt aber gleichzeitig die Spielregeln, die für alle Systembeteiligten gelten. Das ist unbedingt notwendig, denn ein Franchise-System muss als werthaltige Marke auftreten und klare Qualitätsstandards gewährleisten. Deshalb sind die gegenseitigen Leistungspflichten ausführlich beschrieben, es gibt ein Systemcontrolling, Mitwirkungspflichten bei Schulung und Training, bei Werbeaktivitäten und ähnliches.
Ein Beispiel für Weitsicht: In der Regel wird der Vertrag mit mir persönlich geschlossen und wenn ich zu einem späteren Zeitpunkt für meine unternehmerische Tätigkeit eine GmbH gründe, brauche ich dafür die Zustimmung des Franchise-Gebers. Dafür gibt es bereits bei Vertragsabschluss klare Vereinbarungen. Das macht der Franchise-Geber aber nicht, um mich zu bevormunden oder zu ärgern, sondern um das gesamte Franchise-System vor Gesellschaftern zu schützen, die über den Umweg einer GmbH Zugang zum Knowhow bekommen und das System beschädigen könnten.
Auf jeden Fall ist der Abschluss des Franchise-Vertrages eine Entscheidung mit weitreichenden Folgen für mein weiteres Leben. Deshalb sollte ein Jurist, der belegbare Erfahrungen zu Franchisefragen hat, das Vertragswerk auf Herz und Nieren prüfen. Es gibt in Deutschland nur wenige hochkarätige Spezialisten und deren Stundensätze sind entsprechend hoch. Aber kann ich es mir leisten, bei dieser Entscheidung einen Fehler zu machen?
5. Systemintegration
Der Franchise-Vertrag ist abgeschlossen, die Finanzierung meines Vorhabens ist inzwischen von der Bank verbindlich bestätigt und ich freue mich auf eine erfolgreiche Selbstständigkeit. Der Count-Down läuft, ich befinde mich jetzt in der Phase der „Systemintegration“. Dahinter verbergen sich vielfältige Aufgaben, die in enger Zusammenarbeit mit dem Franchise-Geber erledigt werden müssen.
Grundlage für dieses Projektmanagement ist ein individuell vereinbarter Zeitplan. Wie viel Zeit die Systemintegration beansprucht, hängt ganz wesentlich vom Geschäftsbereich des Systems ab. Wenn ich ein Ladengeschäft oder einen Betrieb der Systemgastronomie eröffne, ist dies naturgemäß mit Mietvertragsverhandlungen und umfangreichen Baumaßnahmen verbunden, die weder kosten- noch zeitmäßig aus dem Ruder laufen dürfen.
Dazu gilt es, alle erforderlichen behördlichen Genehmigungen zu bekommen, die erste Warenausstattung muss fehlerfrei klappen, die Werbung zur Betriebseröffnung muss auf den Tag genau organisiert sein... Hier steht mir der Franchise-Geber mit seinen Erfahrungen ebenso zur Seite wie bei der Personalsuche.
Bei einem Dienstleistungskonzept spielen Umbaumaßnahmen und Warenausstattung in der Regel keine große Rolle. Aber bei allen Franchise-Systeme sind die Übertragung des Knowhow durch Einarbeitung und Schulung von ganz wesentlicher Bedeutung – und das braucht mehrere Wochen Zeit, die eingeplant werden muss. Am Ende kann ich jedoch sicher sein, dass vom ersten Tag an alles klappt und auch meine ersten Kunden ein gutes Gefühl haben.